Nachhaltigkeit verstehen

Foto: Andreas Zimmermann

Was bedeutet nachhaltige Entwicklung?

Nachhaltigkeit ist ein globales Handlungsprinzip. Die Brundtland-Definition aus dem Jahr 1987 hat bis heute Gültigkeit:

«Nachhaltig ist eine Entwicklung, wenn sie gewährleistet, dass die Bedürfnisse der heutigen Generation befriedigt werden, ohne die Möglichkeit künftiger Generationen zur Befriedigung ihrer eigenen Bedürfnisse zu gefährden.»

Die Agenda 2030 basiert auf der Brundtland-Definition. Sie ist mit ihren 17 Zielen seit 2015 der global geltende Orientierungsrahmen für die internationalen und nationalen Bemühungen einer nachhaltigen Entwicklung. Mit der «Strategie nachhaltige Entwicklung 2016-2019» definiert der Bundesrat entsprechende Schwerpunkte für die nachhaltige Entwicklung auf Bundesebene. Und weil die Voraussetzungen und lokalen Gegebenheiten der einzelnen Gemeinwesen unterschiedlich sind, haben viele Kantone eine entsprechend angepasste Nachhaltigkeitsstrategie.

«Nachhaltige Entwicklung» heisst verkürzt: Lebensqualität für alle, heute und morgen. Nachhaltige Entwicklung zielt darauf ab, die Lebensgrundlagen werterhaltend zu entwickeln (Werterhalt), die gesellschaftliche Handlungsfähigkeit zu ermöglichen (Handlungsfähigkeit) und die intra- und intergenerationelle Gerechtigkeit zu gewährleisten (Gerechtigkeit). Nachhaltigkeit ist ein globales und ganzheitliches Handlungsprinzip. 

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Was heisst Nachhaltigkeit für den Kanton Basel-Stadt?

Im Kanton Basel-Stadt beschreibt die Verfassung mit den «Leitlinien staatlichen Handelns» (§ 15 der Kantonsverfassung) Nachhaltigkeit im Sinne eines Handlungsprinzips:

§ 15 Leitlinien staatlichen Handelns

  1. Der Staat orientiert sich bei der Erfüllung seiner Aufgaben an den Bedürfnissen und am Wohlergehen der Bevölkerung. Er berücksichtigt dabei die Würde, die Persönlichkeit und die Eigenverantwortung des einzelnen Menschen.
  2. Er wirkt auf die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und auf eine nachhaltige Entwicklung hin, die den Bedürfnissen der gegenwärtigen Generation entspricht, aber zugleich die ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Bedürfnisse künftiger Generationen und ihre Möglichkeiten nicht gefährdet, ihre eigene Lebensweise zu wählen.
  3. Er sorgt für Chancengleichheit und fördert die kulturelle Vielfalt, die Integration und die Gleichberechtigung in der Bevölkerung sowie die wirtschaftliche Entfaltung.

Der Paragraf orientiert sich an der Brundtland-Definition. Vereinfacht heisst nachhaltige Entwicklung:

«Lebensqualität für alle, heute und in Zukunft»

Lebensqualität bedeutet hier, Wahlmöglichkeiten für die eigene Lebensweise zu haben, ohne andere Menschen heute und in Zukunft in ihren Wahlmöglichkeiten einzuschränken.

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Ganzheitliche Sichtweise

In den «Leitlinien staatlichen Handelns» sind sechs Bereiche genannt. Diese sechs Bereiche hängen miteinander zusammen und beeinflussen sich gegenseitig auf vielfältige Weise. Diese Bereiche und ihre Wechselwirkungen ergeben zusammen die ganzheitliche 360°-Optik:

  • Bevölkerung
  • Staatliches Handeln
  • Grundbedürfnisse und das Wohlergehen
  • Natürliche Lebensgrundlagen
  • Gesellschaftlicher Zusammenhalt
  • Wirtschaftliche Entfaltung

Für eine nachhaltige Entwicklung sind drei Ziele wichtig:

  1. Werterhalt: Die natürlichen, finanziellen, sozialen, individuellen und materiellen Lebensgrundlagen müssen werterhaltend entwickelt werden. Die Lebensgrundlagen dürfen nicht zerstört oder ihre Erneuerung nicht beeinträchtigt werden.
  2. Handlungsfähigkeit: Die Gesellschaft muss fähig sein, auf Veränderungen und neue Bedürfnisse reagieren zu können.
  3. Gerechtigkeit: Die Gerechtigkeit innerhalb der heutigen Gesellschaft (in Bezug auf Geschlecht, Alter, Herkunft, Sprache, kulturelle Prägung, sexuelle Orientierung, Religionszugehörigkeit, körperliche und seelische Verfassung, sozioökonomischer Status etc.) sowie in Bezug auf die kommenden Generationen muss gewährleistet sein.

Die sechs Bereiche tragen nicht per se zur nachhaltigen Entwicklung bei. Sie tun dies dann, wenn sie auf die drei Ziele (Werterhalt, Handlungsfähigkeit, Gerechtigkeit) hinwirken.

Nachhaltige Entwicklung findet anhand konkreter Vorhaben und Projekte statt. Werden Vorhaben interdisziplinär bzw. mit einer 360°-Optik erarbeitet, ist am ehesten gewährleistet, dass alle zentralen Aspekte, die für eine nachhaltige Entwicklung wichtig sind, berücksichtigt sind. Und es werden gegebenenfalls Zielkonflikte sichtbar. Für die nachhaltige Entwicklung ist es zentral, diese zu benennen und im gemeinsamen Dialog transparent zu lösen.

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Nachhaltige Entwicklung im Verwaltungshandeln

Die Umsetzung einer 360°-Optik erfordert eine interdisziplinäre Zusammenarbeit über Themen- und Organisationsgrenzen hinweg. Die Verwaltung arbeitet deshalb interdisziplinär zusammen, sowohl bei komplexen Vorhaben wie auch bei Vorhaben mit Querschnittscharakter, die über den eigenen Fachbereich hinaus wirken. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit ermöglicht es, bereits im Erarbeitungsprozess mögliche Wechselwirkungen, einer nachhaltigen Entwicklung abträgliche Auswirkungen und allfällige Zielkonflikte sichtbar zu machen. Diese Aspekte können damit thematisiert und transparent gelöst werden. Zudem können Synergien genutzt und die Vorhaben kohärent aufeinander abgestimmt werden. Auf diese Weise erarbeitete Vorhaben integrieren Nachhaltigkeit umfassend.

Der Leitfaden unterstützt Verwaltungsmitarbeitende aller Departemente, Nachhaltigkeit in ihre Vorhaben zu integrieren. Mit Fragen regt er an, eine ganzheitliche Sichtweise einzunehmen – also eine 360°-Optik. Und er gibt Hinweise, wie anhand dieser 360°-Optik Lösungen im Sinne der nachhaltigen Entwicklung entstehen können.

Leitfaden Nachhaltigkeit in Basel-Stadt (PDF, 0.6 MB)

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Begleitforschung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung

Nachhaltigkeit ist ein globales Handlungsprinzip, das jedes Gemeinwesen auf seine lokale Ebene übersetzen muss. Aufgrund der Weiterentwicklung des Nachhaltigkeitsdiskurses weg vom 3-Dimensionen-Modell hin zum ganzheitlichen Nachhaltigkeitsansatz überarbeitete die Kantons- und Stadtentwicklung im Auftrag der Regierung die Nachhaltigkeitsberichterstattung. Dazu initiierte sie eine Begleitforschung an der Universität Basel im Fachbereich Nachhaltigkeitsforschung. Diese Begleitforschung fand im Rahmen der Dissertation von Vera Kämpfen statt und wurde veröffentlicht. 

Neben Grundlagen auf der Ebene Kanton, Bund und Vereinte Nationen nahm die Kantons- und Stadtentwicklung die aktuellsten wissenschaftlichen Erkenntnisse aus der Begleitforschung – insbesondere in Bezug auf den ganzheitlichen Nachhaltigkeitsansatz – in die Überarbeitung der Nachhaltigkeitsberichterstattung auf. Wichtigste Erkenntnisse waren:

  • dass nachhaltige Entwicklung alle Politikbereiche betrifft und integraler Bestandteil der staatlichen Aufgabenerfüllung ist.
  • dass die Ziele einer nachhaltigen Entwicklung Werterhalt (Erhalt der natürlichen, sozialen, finanziellen, etc. Lebensgrundlagen), gesellschaftliche Handlungsfähigkeit (die Fähigkeit der Gesellschaft, auf Veränderungen reagieren zu können) und Gerechtigkeit (Gerechtigkeit innerhalb der Generation und zwischen den Generationen) sind.
  • dass der gesamte Legislaturplanungsprozess auf nachhaltige Entwicklung ausgerichtet wird.

Mit dem Indikatorenbericht nachhaltige Entwicklung Basel-Stadt 2016 des Statistischen Amtes wurden die auf diesem ganzheitlichen Nachhaltigkeitsansatz für Basel-Stadt basierenden Indikatoren erstmals erhoben und veröffentlicht. Seitdem werden die Indikatoren alle vier Jahre abgestimmt auf den Rhythmus der Legislaturplanung überprüft, aktualisiert, erhoben und ausgewertet. Mehr unter Nachhaltige Entwicklung messen.

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